Schweigende Steine

Schweigende Steine

Welche Farbe hat der Himmel,
Der Atem, der Leben bringt?
Ich warte hier wachsam denn,
Ich weiß, du kommst bestimmt.

Warum weint der kleine Engel?
Die kalte Luft, zitternde Beine.
Mir gehört nicht mein Körper,
Sagen die senkrechten Grabsteine.

Hörst du die Bretter knacken?
Ich knie auf der schmalen Brücke.
Woher? der Nebel am Berg.
Wohin? der Klang der Schritte.

Sage nur, wo ist das Fenster,
Durch das, das Licht hineinkommt?
Das Herbstfeuer in den Blättern,
Das Leerzeichen, das Wörter formt.

Erinnerst du dich an das Bild?
Draußen Frühling, dann Winter.
Ja, es hängt immer noch da,
Der Sturm und das Gewitter.

Soll ich dir etwas verraten?
Das Boot fährt auf Gischt.
Der Schatten einer Haselnuss,
Kleine Wege im Gesicht.

Was bringt mir das Wissen?
Die Berge waren immer da.
Ich habe nur den Anker geschmiedet,
Mit dir, beieinander, sehr nah.

Habe ich wieder weggeschaut?
Zärtlich ist dein Schatten und fein.
Das vergessen ist mein Leben,
Du lässt mich aber nie allein.

Gibst du mir noch die Hand?
Ohne Zeit kann ich nicht tanzen.
So unglaublich laut die Zugvögel!
Ohne Ort nichts einpflanzen.

Wartest du bitte so lange,
Bis meine Fußabdrücke verblassen?
Bis die schweigenden Steine endlich,
Mich für immer vergessen?


▪️

© xaratustrah, the angling philosopher – 2021-10-22

Der Frosch und die Kürbisflasche

Der Frosch und die Kürbisflasche

Eine philosophische Kurzgeschichte (Fiktion)

Eine erweiterte und modifizierte Version dieses Textes ist als ein Kapitel im Buch Der Kalligraph von Lanzhou und andere Kurzgeschichten, ISBN: 978-3-7565-0892-1, ePubli Berlin-Frankfurt (2022) erschienen.

© xaratustrah, the angling philosopher – 2020-12-01, update: 2021-06-03

Die Spuren verlaufen ununterbrochen auf einem Teppichboden aus winzigen Steinen. Sie wirken wie eingefrorene Wellen zwischen größeren Steinbrocken, die wie Inseln aus einem gigantischen Meer herausragen. Der Zen-Garten ist aber nicht groß, etwa zwanzig Schritte in der Breite entlang der Terrasse des Tempels, wo ich schon seit über eine halbe Stunde in so etwas wie einem Lotussitz hinter ihrer hölzernen Schwelle sitze. Bis zur hinteren Wand des Gartens ist es auch nicht weit. Dort grenzt das Grundstück der Tempelanlage an eine schmale, grünbewachsene Gasse, die als Zugang zum Nachbartempel dient.

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“Know Thyself!”

“Know Thyself!”
Exploring self and self-consciousness from A (like Avicenna) to Z (like Zahavi)

© xaratustrah, the angling philosopher – 2021-04-14

Abstract

The notion of self and self-consciousness (self-awareness) is one of the most fundamental concepts in the philosophy in general and in the philosophy of mind in particular. The presence of a self, in particular an enduring self, as a reference of first personal indexical expressions has been debated while the reality of self-consciousness has been widely accepted. Philosophers of different epochs have responded to this question with a multitude of approaches, often similar in structure or line of argumentation. In the present work, I examine the epistemological tools relevant for the study of self and self-consciousness. After studying a few current and historical examples, I will figure out how a phenomenological examination can lead to both a better understanding of the concept of self-consciousness as well as the concept of self. Finally, I will discuss the strengths and limitations of the mentioned phenomenological method.

Keywords: self, self-consciousness, self-awareness, Zahavi, Avicenna, Dignaga, phenomenology

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